By Dirk69CS (Own work) [CC-BY-3.0], via Wikimedia Commons
Der Ständerat hat am 5. Juni 2013 der Wiedereinführung der Zulassungsbeschränkung für Spezialärzte zugestimmt. Die vom Nationalrat vorgesehene Ausnahme vom Bedürfnisnachweis für Ärzte, die während 5 Jahren an einem Schweizer Spital gearbeitet haben, lehnte er ab (NZZ vom 5. Juni 2013).
Der in Art. 55a KVG Ärztestopp hat mittlerweile eine längere Geschichte. Er wurde zunächst befristet auf drei Jahre auf den 1. Januar 2001 in Kraft gesetzt. Die Ausführungsverordnung wurde am 3. Juli 2001 erlassen und am 4. Juli 2001 in Kraft gesetzt (AS 2000 2305). Am 8. Oktober 2005 wurde beschlossen, dass die Massnahmen nach Art. 55a KVG vom Bundesrat einmal verlängert werden dürfen (AS 2005 1071). Auf dem Wege der dringlichen Gesetzgebung wurde Art. 55a KVG schliesslich nochmals bis zum 31. Dezember 2009 (AS 2008 2917) und zuletzt bis zum 31. Dezember 2011 verlängert (AS 2009 5265). Die jetzt beschlossene Wiedereinführung soll wieder dringlich in Kraft treten und vom 1. Juli 2013 bis vorerst am 30. Juni 2016 gelten. Eine definitive Lösung liegt in weiter Ferne.
Der Ärztestopp wird heute vor allem hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Freizügigkeitsabkommen diskutiert. Die Wirtschaftsfreiheit steht im Hintergrund. Die faktischen Auswirkungen der Zulassungsbeschränkung im KVG-Bereich auf die Möglichkeiten der Ärzte, ihren Beruf selbständig auszuüben, sind aber offenkundig. Sie wurden vom Bundesgericht ausführlich in einem Entscheid vom 27. November 2003 thematisiert. Das Bundesgericht ist damals zum Schluss gekommen, der Ärztestopp sei mit der Wirtschaftsfreiheit vereinbar. Einen Freipass hat das Bundesgericht dem Parlament aber nicht erteilt. Die Bedürfnisklausel ist eine "wirtschaftspolitische Bazooka", die mit der Wirtschaftsfreiheit grundsätzlich unvereinbar ist. Die Anwendung der "provisorisch" eingeführten Bedürfnisklausel über einen mittlerweile derart langen Zeitraum sprengt wohl die Grenzen, die das Bundesgericht schon damals grosszügig gesetzt hat. Hingewiesen sei nur auf folgende Aussagen des höchsten Gerichts:
“Ein grosser Teil der ärztlichen Leistungen wird über die obligatorische Krankenpflegeversicherung abgerechnet. Durch den Zulassungsstopp wird den betroffenen Ärzten zwar nicht rechtlich, aber doch faktisch die Führung einer eigenen Praxis wesentlich erschwert. Sofern sie dennoch eine solche eröffnen, erleiden sie durch die Nichtzulassung einen erheblichen Wettbewerbsnachteil...”
“Die Bundesversammlung wollte somit in Art. 55a KVG die Grundlage schaffen, um auf Verordnungsstufe die zu erwartende Zunahme von Leistungserbringern im ambulanten Bereich nach dem Bedürfnis begrenzen zu können. Sie war sich im Klaren darüber, dass es dabei um ein nicht unproblematisches Vorgehen ging, nahm aber mangels kurzfristig verfüg- und realisierbarer Alternativen den Zulassungsstopp als vorübergehende Lösung dennoch für maximal drei Jahre in Kauf.”
“Eine dauernde vollständige Abschottung des Marktes gegenüber neuen Konkurrenten liesse sich mit der Wirtschaftsfreiheit hier wohl kaum vereinbaren. Umgekehrt wäre eine kurzfristig erfolgende Einschränkung für bereits praktizierende Ärzte aber bedeutend gravierender als für solche, die eine Praxiseröffnung erst planen. Eine zeitlich beschränkte Bevorzugung der bestehenden Praxen lässt sich deshalb rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat den Zulassungsstopp in Art. 55a Abs. 1 KVG auf drei Jahre begrenzt, was als einmalige Frist (ohne Möglichkeit einer Verlängerung) zu verstehen ist (AB 2000 N 351).”
“Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, damit werde die Wirkung der angefochtenen Regelung von vornherein vereitelt. Die Massnahme sei daher ungeeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen. Dies ist in der Tat nicht völlig von der Hand zu weisen.”
“Sodann ist die angefochtene Regelung in ihrer Geltungsdauer auf drei Jahre befristet. Die Eröffnung einer eigenen Praxis wird damit nicht definitiv verunmöglicht, sondern um höchstens drei Jahre verzögert.”