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Copyright: Universität St.Gallen (HSG), Corinne Bromundt

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Ein heisses Bad, ein neuer Luxus: Die Suffizienz-Philosophie der Energiestrategie 2050

Copyright: Universität St.Gallen (HSG), Corinne Bromundt

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Jogging bei kalter Witterung ist eine Freude, jedenfalls mit guter Ausrüstung und einem anschliessenden heissen Bad. Ein Bad verbraucht 5 kWh Energie. Es kostet mich 1.60 Fr., wenn ich das Wasser mit Strom im Öko-Plus-Hochtarif der St.Galler Stadtwerke erwärme; billiger ist es mit Erdöl. Der Preis ist wahrlich nicht zu hoch nach einer Anstrengung; energiepolitisch handle ich jedoch verwerflich. Der Bundesrat und Nationalrat wollen den Energieverbrauch pro Person und Jahr deutlich senken; dazu leistet nur einen Beitrag, wer sich mit Duschen begnügt und auf das Baden verzichtet.

Wollen wir die Ziele der Energiestrategie 2050 insgesamt erreichen, so werden wir uns auch in vielen anderen Bereichen umstellen müssen: Das Verbot herkömmlicher Glühbirnen und leistungsstarker Staubsauger ist nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was uns erwartet. Mit Schummerlicht aus Energiesparlampen, nichtsaugenden Staubsaugern und Rinnsalen aus wassersparenden Duschköpfen werden sich vermutlich nur wenige Idealisten freiwillig abfinden. Bei einem Preis von 1.60 Fr. habe ich selbst jedenfalls kaum Anreize, auf mein heisses Bad oder andere Annehmlichkeiten eines modernen Lebens zu verzichten.

Suffizienz als Hinwendung zum einfachen, genügsamen Leben

Die Senkung des Energieverbrauchs ist kein einfaches Unterfangen. Was die Schweiz hier vorhat, haben nur Länder «geschafft», die in Bürgerkriege oder sonst anarchistische Zustände verfallen sind. Anschaulich wird dies, wenn Ökonomen die Wohlfahrt eines Landes an seinem Elektrizitätsverbrauch messen, wie z.B.  HSG-Kollege Roland Hodler mit seinen Analysen der nächtlichen Lichtintensität (Der Blick auf ein Satellitenbild von Nord- und Südkorea zeigt, was ich meine). Wer also Effizienzgewinne in der von der Politik nun angestrebten Grössenordnung realisieren will, der rechnet mit Innovationen, die teilweise noch nicht einmal am Reissbrett skizziert sind. Hoffnung bleibt: So hat uns die LED vor den schaurigen Energiesparlampen gerettet, die uns die Politik aufgenötigt hat.

Die durch die Energiestrategie 2050 angestrebte Senkung des Energieverbrauchs ist nicht allein einer Steigerung der Energieeffizienz zu erreichen. Effizienz würde bedeuten, unseren gewohnten Lebensstandard mit einem tieferen Energieverbrauch zu bestreiten. Bundesrat und Nationalrat streben jedoch darüber hinaus nach Sparsamkeit. Suffizienz ist das Stichwort, also eine generelle Einschränkung des Verbrauchs an Energie, Wohnfläche, Material und sonstigen Ressourcen.

Sparsamkeit erfordert ein Umdenken

Sparsamkeit als solche ist ein durchaus vernünftiges Konzept; doch verlangt konsequente Suffizienz ein grundsätzliches Überdenken der eigenen Lebensform, Wertvorstellungen und Bedürfnisse: Die ökologische Philosophie der Suffizienz fordert eine Hinwendung zu einem «einfachen Leben», den «Verzicht auf Besitz und ein Gewinn an Zeit», «weniger kaufen und mehr tauschen, teilen, selber machen, anpflanzen und reparieren», «weniger weit reisen und stattdessen die Nähe und den Charme der Langsamkeit entdecken», «weniger Fleisch und mehr Vegetarismus/Veganismus», etc.

Suffizienz ist im Grunde genommen eine Abkehr vom Glauben, dass Probleme allenfalls auch durch menschliche Innovationskraft zu lösen sind. Genau diese Radikalität der Suffizienz-Philosophie erklärt vermutlich, warum der Bundesrat das S‑Wort kein einziges Mal in seiner Energiestrategie 2050 verwendet. Diese Auslassung ist nicht unerheblich: Zwar benutzt nun eine Bundesrätin medienwirksam einen «Tesla S» als Dienstwagen, doch darf diese Zukunftsperspektive für das Gros der Bevölkerung – ohne Widerspruch zur Suffizienz‑Philosophie – niemals Realität werden.

Suffizienz als Abkehr von etablierten energie-, wirtschafts-, und wohlfahrtspolitischen Grundsätzen

Es gibt zwei Wege zur Suffizienz: Wie Urs Birchler in seinem mit verschiedenen Ökonomen betriebenen Blog angedeutet hat, geht der eine Weg über den Preis. Gemäss dem Bundesamt für Energie wäre der Elektrizitätspreis mindestens zu verdoppeln, um eine nennenswerte Senkung des Verbrauchs zu erzielen. Wenn ich 4 oder gar 10 Fr. zahlen müsste, würde ich auf mein heisses Bad nach dem Jogging vielleicht verzichten (vielleicht auch nicht). Der Weg über den Preismechanismus ist allerdings viel zu einfach und vernünftig, als dass er politisch infrage käme.

Eine allgemeine Energiepreiserhöhung wirft nämlich Fragen der Verteilungsgerechtigkeit auf, die von den Befürwortern des Suffizienz-Modells gescheut werden: Es darf ja nicht sein, dass sich am Ende nur noch die Vermögenden eine grosse Wohnung, ein dickes Auto und ein heisses Bad leisten können. Die Politik geht mit der Energiestrategie 2050 also einen anderen Weg, der in eine Rationierung sowie eine zentrale Verwaltung und Zuteilung der «Energie‑Verbrauchsrechte» durch den Staat mündet. Eine erstaunliche Vorgehensweise für ein Gut, das an sich im Überfluss und kostengünstig für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung stehen könnte. Mit dem Suffizienzgedanken wächst nun also auch zwangsläufig die Bedeutung des Staates in den Energiemärkten, bis anhin ohne nennenswerten Widerstand: An den wie Unkraut aus dem Boden geschossenen Energietagungen liefern heute jedenfalls Vertreter von UVEK, BFE und ElCom die «Keynote» – nicht mehr die CEOs der arg gebeutelten Energiewirtschaft.

Ungeachtet der ökonomischen Sinnhaftigkeit der Energiestrategie 2050 steht Suffizienz jedoch für eine Abkehr von etablierten energie-, wirtschafts-, und wohlfahrtspolitischen Grundsätzen. Diese Grundsätze sind in unserer Bundesverfassung niedergelegt; ihre Änderung bedarf einer legitimierenden Zustimmung von Volk und Ständen. Der Bundesrat vertritt leider die Auffassung, dass die Verwirklichung der Energiestrategie 2050 im Rahmen der geltenden Verfassung möglich ist. Es wäre am Parlament – als Hüterin der Verfassung – festzustellen, dass dies nicht der Fall ist. Der durchaus notwendige energiepolitische Wandel ist nur zusammen mit der Bevölkerung zu erreichen; als Elitenprojekt ohne demokratische Legitimation muss die Energiestrategie scheitern.

 

Dieser Beitrag erscheint auch als Kolumne im Uni-Magazin HSG-Focus, ab heute gratis zum Download erhältlich.

Posted in Energie, Infrastrukturrecht, Innovation, Regulierung, Universität, Wirtschaftsverfassung and tagged with Erneuerbare Energien, Energierecht, Einspeisevergütung, Subventionen.

February 20, 2015 by Peter Hettich.
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Angebot und Nachfrage in der Simulation eines primitiven (vollkommenen) Marktes

Angebot und Nachfrage in der Simulation eines primitiven (vollkommenen) Marktes

Marktversagen allenthalben

Angebot und Nachfrage in der Simulation eines primitiven (vollkommenen) Marktes

Angebot und Nachfrage in der Simulation eines primitiven (vollkommenen) Marktes

Der von mir gelesene Kurs "Öffentliches Wirtschaftsrecht (Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht)" ist - als juristischer Kurs - naturgemäss geprägt von den vielen staatlichen Marktinterventionen und Marktregulierungen. Ich kann den Studierenden kaum vorhalten, dass das Kursprogramm den Blick auf die autonom ablaufenden Marktprozesse etwas verstellt. Was nicht regelgebunden ist, kann in einem juristischen Kurs schlecht dargestellt werden. So erntet die Frage, wie sich die Vorgänge in einem Markt vor Inkrafttreten oder bei Wegfall einer bestimmten Regulierung X gestalten würden, ganz grosse Augen. Geradezu schockiert zeigen sich die Nachwuchsjuristen, wenn sie erfahren, dass der Staat den Bauern nicht vorschreibt, ob sie Karotten oder Weizen anbauen sollen - wie soll denn das bitte aufgehen, wenn plötzlich alle dasselbe machen?

Quasi als Rettung erweist sich eine primitive Marktsimulation, die der Volkswirt Edward Chamberlin schon 1948 mit seinen Studenten durchgeführt hat. Dabei werden die Studierenden informiert, dass sie nun an einem Markt "teilnehmen". Allen wird eine Rolle - Käufer oder Verkäufer - zugewiesen sowie ein Höchstkaufspreis bzw. ein Mindestverkaufspreis. Ohne weitere Instruktion aufeinander losgelassen, verwandeln die Studenten den Unterrichtsraum schnell zum Basar. Dann geschieht erstaunliches: Innert Minuten bildet sich der Marktpreis, der - wie sich im nachhinein errechnen lässt - nahe am theoretischen Optimum liegt (Darstellung oben). Praktisch alle effizienten Transaktionen finden statt.

Freilich lässt sich dieses Experiment nur schwer auf die reale Welt übertragen. Märkte funktionieren tatsächlich nicht perfekt. Auch die Ökonomie identifiziert diverse Gründe für Marktversagen, die sich nahezu in allen Märkten zu einem gewissen Grad finden lassen: Öffentliche Güter, Allmendegüter, externe Effekte, andauernde Marktmacht, Informationsasymmetrien und begrenzte Rationalität. Allerdings fordern die Ökonomen auch, dass bei einer staatlichen Marktintervention die Gefahr eines Regulierungsversagens nicht wahrscheinlich sein darf. Die Intervention muss zumindest zu einer Verbesserung des (mutmasslich mangelhaften) Marktergebnisses führen.

Der Gesetzgeber muss sich darum nicht scheren. Das Bundesgericht hat erst kürzlich festgestellt, dass Marktversagen bei der Begründung von Interventionen keine Rolle spielt. Ohnehin besteht - zumindest nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts - keine rechtlich durchsetzbare allgemeine Verpflichtung des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers für eine gute Gesetzgebung (BVGer A-6181/2009, E. 5.4.1.). Wenn der Gesetzgeber Märkte reguliert, muss er dies also nicht rational begründen können.

In einer Zeit, in der die Bundesversammlung von Juristen und Berufspolitikern dominiert wird, in der mehr und mehr wirtschaftliche Prozesse zentral gesteuert werden sollen, und in der die Marktwirtschaft gegen einen Ansturm systemändernder Initiativen (1:12, Mindestlohn, Masseneinwanderung, Ecopop, etc.) mehr schlecht als recht verteidigt wird, wäre es vielleicht durchaus Zeit für ein kleines Marktspiel im Parlament.

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February 28, 2014 by Peter Hettich.
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Master Graduation Day HS 2013 12.jpg

Dr.iur., wozu?

Master Graduation Day HS 2013 12.jpg

Im Gespräch weisen gestandene Rechtsanwälte immer gerne darauf hin, wie unwichtig ein juristisches Doktorat für die Karriere - z.B. im Vergleich zu einem weiterführenden Studium im Ausland (LL.M. - übrigens Legum Magister und nicht Master of Laws) - geworden ist. Sie raten fast einhellig davon ab: Besser sofort nach dem Studium ins Anwaltspraktikum, dann grad ins Ausland und den Doktor höchstens rasch nebenher noch "einschieben".

Augenfällig ist, dass diese gestandenen Anwälte selbst fast durchgehend promoviert haben. Nun kann man natürlich einwerfen, dass sich einfach die Zeiten geändert haben. Einer näheren Betrachtung hält dieses Argument jedoch nicht stand. Zutreffend ist, dass sich das Doktorat kaum in einen direkten monetären Gewinn ummünzen lässt. Zutreffend ist auch, dass sich die in der Dissertation beantwortete Forschungsfrage meist nur beschränkt in der Alltagspraxis des Anwalts verwerten lässt. Zutreffend ist schliesslich, dass es auch gute Juristen ohne Promotion gibt. Wieso also der ganze Aufwand?

Sicher scheint, dass sich ein Jurist aufgrund der vertieften Auseinandersetzung mit einer Forschungsfrage nochmals deutlich steigern kann: Nicht nur seine Kenntnisse in den juristischen Methoden, sondern auch seine - doch sehr praxisrelevanten - Fähigkeiten zur juristischen Argumentation verfeinern sich. Der erfolgreiche Abschluss der Dissertation beweist, dass der Doktorand ein überjähriges Projekt auch angesichts von grösseren Schwierigkeiten durchziehen kann (kein Doktorand hatte nicht einmal grössere Motivationsschwächen oder Schreibblockaden zu überwinden). Die Dissertation wird damit zu einem Alleinstellungsmerkmal, das auch mehrere juristische Kurzpraktika nicht aufwiegen können. Dagegen sind die Herausforderungen des LL.M. meist mit der Zulassung des Bewerbers zum Studium bewältigt; es erscheint als Rätsel, wieso besonders Zürcher Anwaltskanzleien soviel Wert auf den Englischkurs in Australien und den Surfkurs in Hawaii legen. Seien wir ehrlich: Weder die Universität noch die Abschlussnoten sind für die meisten LL.M.s von Bedeutung. Schliesslich: Nur die Promotion ebnet den Weg zurück zur Universität in Form von Lehraufträgen. Und zuguterletzt: Es ist auch eine Ego-Sache.

Die Motive der "Recruiting Partner" sind wohl nicht ganz lauter: Ihr Kampf um die besten Absolventen ist mühsam geworden. Das Interesse an günstigen Arbeitskräften - Substituten, Volontäre und Rechtspraktikanten - ist besonders gross. Dass diese Partner zu einem Auslandstudium gleich im Anschluss an das Anwaltspatent raten, zeigt nur, dass die oft gehörten Ratschläge zum Doktorat primär auf die Interessen der Kanzlei - und nicht auf die Absolventen - ausgerichtet sind.

Credit Foto: Hannes Thalmann; Copyright: Universität St.Gallen

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January 3, 2014 by Peter Hettich.
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